August Wilhelm Antonius Graf Neidhardt von Gneisenau wurde
am 27.10.1760 in Schildau, Kurfürstentum Sachsen, geboren. Sein Vater
war ein sächsischer Artillerie-Leutnant. Seine Mutter starb 1761, so
dass der Vater ihn zu Pflege-Eltern gab. 1769 kam er zu seinem Großvater
nach Würzburg und besuchte dort die Jesuiten-Schule. 1777 schrieb er
sich an der Universität Erfurt ein und studierte dort militärische
Mathematik, Artillerie-Wesen, Befestigungskunst und Kartografie. Doch er
pflegte einen lockeren, kostspieligen Lebenswandel, verlor sein
großväterliches Erbe und brach sein Studium 1778 ab. Zu dieser Zeit lag
in Erfurt das österreichische Husaren-Regiment "Graf Wurmser" in
Garnison, welchem er beitrat und als Gemeiner in den bayerischen
Erbfolgekrieg einzog.
Nach dem Frieden von Teschen 1779 trat er
in den Dienst des Markgrafen Karl-Alexander von Brandenburg-Ansbach in
einem Jäger-Bataillon. Der Markgraf litt an chronischem Geldmangel und
vermietete seine Truppen an Großbritannien. So kam Gneisenau 1782 nach
Nordamerika zum Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, von dem er 1783 als
Leutnant zurückkehrte und in der Garnison Bayreuth zur Infanterie
wechselte.
1785 bewarb er sich beim preußischen Heer und
hospitierte mit Sondergenehmigung Friedrichs des Großen als
Sekondeleutnant (Unterleutnant) im Potsdamer Generalquartiermeisterstab.
1786 wurde er als jüngster Premier-Leutnant zum leichten
Infanterie-Regiment Chaumontet in die Garnison Löwenberg versetzt; dort
lernte er die englische, französische und polnische Sprache und
studierte Geschichte, Kriegswissenschaften und Literatur. Am 17. März
1788 wurde er in die Freimaurerloge "Zu den drei Felsen" der Großloge
"Große National-Mutterloge Zu Den Drei Weltkugeln" in Schmiedeberg im
Riesengebirge aufgenommen.
Gneisenau zu Pferde
1790 wurde er zum
Stabskapitän befördert. Von 1792 bis 1795 war er mit seinem Bataillon
bei der "Zweiten Polnischen Teilung" zusammen mit russischen Truppen
eingesetzt. 1795 wurde er zum Hauptmann befördert und als Kompanie-Chef
nach Jauer versetzt. 1796 heiratete er die vermögende Karoline von
Kottwitz, mit der er in den Folgejahren vier Töchter und drei Söhne
hatte. 1803 kaufte seine Frau das Gut "Mittel-Kauffung" und Gneisenau
begann, sich mit der Landwirtschaft zu befassen, unter anderem richtete
er auch eine Kartoffel-Brennerei ein. Nebenher beschäftigte er sich aber
weiter intensiv mit Studien zum Truppendienst, Infanterie, Kavallerie,
Artillerie, Ingenieurskunde, Taktik und Militär-Geografie. Am 10.10.1806 nahm Gneisenau
zum ersten Mal an Kampfhandlungen gegen Napoleon teil und zwar unter
dem Befehl des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen im Gefecht bei
Saalfeld; hierbei wurde er verwundet, trotzdem kämpfte er in der
Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt am 14.10.1806 im Gefolge des
preußischen Generals Ernst von Rüchel. Nach der Niederlage der
preußischen Truppen entkam Gneisenau zum Sammelpunkt der Truppen bei
Graudenz. Am 17.12.1806 wurde er zum Major befördert und mit seinem
Bataillon an die russische Grenze nach (Preußisch-)Litauen verlegt. Hier
analysierte er die Niederlagen der preußischen Truppen bei Jena und
Auerstedt, verfasste Denkschriften über die Fehler der preußischen
Truppen und forderte eine Reform der Taktik.
Von König Friedrich
Wilhelm III. von Preußen wurde Gneisenau als neuer Kommandeur in die
belagerte pommersche Festung Kolberg entsandt, wo er am 29.04.1807 über
den Seeweg eintraf. Gneisenau organisierte die erfolgreiche Verteidigung
der Festung vor allem mit der Einbeziehung patriotischer Bürger in die
Kampfhandlungen und am 02.07.1807 wurde die Schlacht durch einen
Waffenstillstand zwischen Preußen und Frankreich beendet. Schon vorher,
am 13.06.1807 wurde Gneisenau zum Oberstleutnant befördert und wurde auf
Wunsch von Scharnhorst in die Militär-Reorganisations-Kommission
berufen.
Zwischen 1807 und 1810 hielt er sich meist in Memel und
Königsberg auf, wo er unter anderem das "Exerzier-Reglement für die
Infanterie" bearbeitete und sich mit den Niederlagen der preußischen
Truppen befasste, die zu Kapitulationen der Festungen Erfurt, Magdeburg,
Nienburg und Neiße, Prenzlau und den Verlusten bei den Gefechten von
Jena und Auerstedt sowie bei Halle führten. Er verfasste eine
Denkschrift an den König, in der er die Bewaffnung des Volkes forderte
und wurde im Mai 1808 zum Inspekteur der Festungen und im September 1808
zum Chef der Ingenieure ernannt.
Am 01.März 1809 wurde Gneisenau
ins preußische Kriegsministerium berufen und im Mai 1809 zum Oberst
befördert. Im Juli 1809 quittierte er "für die Dauer des Friedens" den
Dienst, weil er und andere Reformer von reaktionären Kräften am Hof
verleumdet und des Verrats beschuldigt wurden. Er übte nun inoffizielle
Beratertätigkeiten bei meist britischen Truppen im Kampf gegen Napoleon
aus. 1811 spitzten sich die Beziehungen zwischen Russland und Frankreich
zu und Staatskanzler Hardenberg rief Gneisenau um Hilfe; dieser
erarbeitete eine Volkserhebung, die aber vom König abgelehnt wurde. Nach
dem Vertrag vom 24. Februar 1812, in dem sich Preußen zur Aufstellung
eines Hilfskorps für die Franzosen im Krieg gegen Russland
verpflichtete, reichte Gneisenau seine Entlassung ein und wollte erneut
die Möglichkeit einer britischen Unterstützung in Erfahrung bringen und
führte auch für den Zaren Alexander I. eine Analyse der russischen
Streitkräfte durch.
Nach der französischen Niederlage im
Russland-Feldzug konnten sich endlich die Reformer durchsetzen und am
16. März 1813 erklärte König Friedrich Wilhelm III. von Preußen dem
napoleonischen Frankreich den Krieg; Gneisenau wurde als Generalmajor
wieder ins preußische Heer eingestellt und zur Armee Blüchers versetzt.
Am 05. April 1813 nahm er an dem Gefecht bei Möckern teil und in der
Schlacht bei Großgörschen am 02. Mai 1813 befehligte er die Kavallerie
des linken Flügels.
Die Zeit des Waffenstillstands von Juni bis
August 1813 nutzte Gneisenau zur Ausbildung und Ausrüstung der
preußischen Truppen und ließ die schlesischen Festungen ausbauen und
aufrüsten. Bis Ende September 1813 kämpfte die Schlesische Armee unter
der Führung von Blücher und Gneisenau in Schlesien und drang ab 26.
September 1813 über Bautzen in den Norden vor bis zur entscheidenden
Völkerschlacht am 18. Oktober 1813 in Leipzig, die mit dem Sieg der
Verbündeten endete. Blücher und Gneisenau zogen als erste mit ihren
Truppen in der Stadt ein.
Völkerschlacht-Denkmal
Auf
dem Marktplatz von Leipzig wurden beide von Zar Alexander I. von
Rußland, Kaiser Franz vön Österreich und König Friedrich Wilhelm III.
von Preußen belobigt. Gneisenau wurde am 18. Dezember 1813 zum
Generalleutnant befördert. Nun, am Jahresende 1813, gelang es ihm auch,
seinen Plan zum sofortigen Feldzug gegen Frankreich durchzusetzen. Am
01. Januar 1814 überquerte die Schlesische Armee bei Kaub den Rhein und
marschierte Richtung Frankreich. Am 31. März 1814 endete dieser Feldzug
mit der Kapitulation von Paris; Napoleon musste abdanken und Frankreich
verlassen. Gneisenau wurde wegen seiner Verdienste vom König in den
Grafenstand gehoben. 1815 kehrte Napoleon zurück und schlug die Preußen
bei Ligny, jedoch am 18. Juni 1815 verbündete sich die Armee von Blücher
und Gneisenau mit der von Wellington und schlug Napoleon und seine
Truppen bei der Schlacht bei Waterloo. Gneisenau wurde im Juli 1815 zum
General der Infanterie befördert.
Nach dem Krieg bekam er die
Gicht und wurde verstärkt und dauerhaft das Ziel
konservativ-reaktionärer Kreise am Königshof; er reichte im April 1816
seinen Abschied ein, der König gewährte ihm "Urlaub auf unbestimmte
Zeit". Danach wurde er in den Preußischen Staatsrat berufen und erhielt
den Vorsitz in den Abteilungen "Äußere Angelegenheiten" und
"Militärangelegenheiten". 1818 wurde er zum Gouverneur von Berlin
ernannt. Ab 1819 sorgten seine Gegner dafür, dass er jeglichen Einfluss
auf Entscheidungen verlor und nur noch mit Verwaltungsaufgaben
beschäftigt war. Er pendelte zwischen Berlin und seinem Gut Erdmannsdorf
bei Hirschberg und engagierte sich für die Künste. Anläßlich der
Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag der Schlacht bei Waterloo wurde
Gneisenau zum Generalfeldmarschall befördert und erhielt als königliche
Schenkung das Gut Sommerschenburg in der preußischen Provinz Sachsen.
1830
erfolgte in Polen ein Aufstand gegen die russische Besatzung und
Gneisenau wurde als Oberbefehlshaber über das von Preußen aufgestellte
Korps an der Grenze zu Russisch-Polen eingesetzt, jedoch verzichtete der
russische Zar Nikolaus I. auf preußische Waffenhilfe. Gneisenau
erkrankte jedoch an der aus Polen eingeschleppten Cholera und fiel ihr
am 23. August 1831 zum Opfer. Die sterblichen Überreste Gneisenaus
fanden ihre letzte Ruhe 1841 in Sommerschenburg.